Sehr geehrte Frau Regierungsrätin
Sehr geehrte Damen und Herren
Mit Schreiben vom 10. Februar 2015 haben Sie die SP Uri eingeladen, am Vernehmlassungsverfahren zum Gesetz zur Besetzung von Behörden teilzunehmen. Wir nehmen hierzu wie folgt Stellung:
a. Allgemeines
- Die SP Uri ist grundsätzlich gegen den Zwang bei der Besetzung von Behörden. Die Strafandrohung ist die falsche Lösung, um sicherzustellen, dass Behördensitze im Kanton und in den Gemeinden mit fähigen und engagierten Personen besetzt sind:
- Es ist schwierig Personen, die zur Ausübung eines Amtes gezwungen werden, für diese Arbeit zu motivieren. Wenn die zur Amtsausübung gezwungenen Personen sich nach der Wahl trotzdem nicht einsetzen (z.B. an Sitzungen nicht teilnehmen), nützen alle rechtlichen Bestimmungen nichts, um einen geregelten Amtsbetrieb und vernünftige Entscheide der Behörden zu gewährleisten.
- Der Amtsantritt ist grundsätzlich eine Bürgerpflicht. Trotzdem soll jede Bürgerin und jeder Bürger selber bestimmen können, in welcher Form sie oder er sich engagieren will.
- Für strukturschwache Gemeinden, die Mühe haben Ämter zu besetzen, wäre es verheerend, wenn potenziell engagierte Leute aus Angst vor dem Amtszwang aus der Gemeinde wegziehen oder in aufgezwungenen Ämtern „verheizt“ werden.
- Mit der Verbesserung der Rahmenbedingung und einer Attraktivitätssteigerung der Ämter stehen wesentlich bessere und zeitgemässere Lösungen zur Verfügung, um das Ausgangsproblem zu lösen.
Die SP Uri empfiehlt das bisherige Gesetz aufzuheben und den vorliegenden Gesetzesvorschlag abzulehnen. Trotz der grundsätzlich ablehnenden Haltung möchten wir ergänzend zu einzelnen Teilen des Gesetzesvorschlags Stellung nehmen.
Zum Titel:
Der vorgeschlagene Titel täuscht darüber hinweg, was der eigentliche Zweck dieses Erlasses ist. Ein Gesetz über die Besetzung der Behörden würde grundsätzlich weitere Themen beinhalten, wie z.B. Wahlsystem, Qualifikationen, Sitzverteilung, Quoten u.ä. Solche sind im vorliegenden Gesetzesvorschlag nicht zu finden. Wir schlagen daher vor, den Titel wie folgt zu ändern: Gesetz über die Amtspflicht.
Zu Artikel 2 Geltungsbereich
Die Korporationen sind selbständige Körperschaften des öffentlichen Rechts (Art. 72 Kantonsverfassung, RB 1.1101) mit einer eigenen Gesetzgebung. Es ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund der vorliegende Gesetzesvorschlag für die Korporationen gelten soll, nicht aber für die anderen öffentlichrechtlichen Körperschaften im Kanton Uri. Falls die Korporationen auch ihre Mitglieder zur Amtsausübung verpflichten wollen, sollten sie das in ihren eigenen Erlassen festhalten.
Zu Artikel 3 Grundsatz
Der Begriff des Nebenamts wird im Gesetzesentwurf nicht präzise definiert. Die Bestimmung bleibt daher schwammig. Besser wäre es, wenn die Definition wie folgt formuliert würde: „Wer wahlfähig ist, ist verpflichtet, ein Amt nach Artikel 2 zu übernehmen, sofern es sich nicht um ein Vollamt handelt.“
Zu Artikel 4 Dauer
Eine Begrenzung nach oben ist auf jeden Fall notwendig, doch sie sollte für kantonale und kommunale Behörden gleich sein und sich auf vier Jahre für alle Ämter beschränken. Die maximale erzwungene Amtsdauer in kantonalen Behörden beträgt acht Jahre, was aus unserer Sicht keinesfalls zumutbar und verhältnismässig ist.
Zu Artikel 6 Ablehnungsgründe
Die Ablehnungsgründe müssen im Gesetz ausdrücklich festgehalten werden. Die Ablehnung aus gesundheitlichen, beruflichen, persönlichen oder anderen wichtigen Gründen sollte auf Gemeinde- und auf Kantonsebene möglich sein (vgl. Bericht, S. 4) und genauer definiert werden. Aufgrund des sehr grossen Ermessensspielraums besteht die Gefahr einer Ungleichbehandlung zwischen den verschiedenen Behörden.
Zu Artikel 7 Gründe für den vorzeitigen Rücktritt
Statt zwei Amtsdauern sollte die zeitliche Beschränkung des Amtszwangs generell vier Jahre betragen (vgl. Bericht, S. 5).
Zu Artikel 9 Ablehnung der Wahl
Unseres Erachtens ist die Frist von 10 Tagen ab der Wahl zu kurz, um von einer allfälligen Wahl zu erfahren, sich ein Bild von der Tätigkeit in der jeweiligen Behörde zu machen und eine wohlüberlegte Entscheidung zu treffen. Die Frist zur Geltendmachung von Ausschluss- oder Ablehnungsgründen sollte in Anlehnung an die Verordnung über die Verwaltungsrechtspflege (VRPV, RB 2.2345) 20 Tage seit Eröffnung des Wahlergebnisses (Kenntnisnahme durch die gewählte Person) betragen.
Zuständig für die Beurteilung der Ausschluss- oder Ablehnungsgründe sollte nicht in allen Fällen der Regierungsrat sein, sondern, beispielsweise für Mitglieder von Bau- und Rechnungsprüfungskommissionen, stufengerecht, die Exekutive des jeweiligen Wahlkörpers. Dadurch können Entscheide getroffen werden, welche die konkreten Umstände des Einzelfalls besser berücksichtigen.
Zu Artikel 10 Vorzeitiger Rücktritt
Auch hier sollten die gewählten Personen stufengerecht als Mitglieder kommunaler Behörden beim Gemeinderat resp. als Mitglieder von kantonalen Behörden beim Regierungsrat Gesuche um vorzeitigen Rücktritt einreichen.
Zu Artikel 11 Rechtsmittel
Es ist gemäss den kommunalen Erlassen und der VRPV der Rechtsmittelweg zu gewährleisten (vgl. Ziff. 9 und 10 dieser Vernehmlassungsantwort).
Zu Artikel 12 Verfahren
Die Erläuterungen und das Gesetz sind in diesem Punkt nicht konsistent. Der Artikel 11 hat gar keinen zweiten Absatz, wie dies im erläuternden Bericht (S. 6) ausgeführt wird. Wir sind der Auffassung, dass jeweils die Gemeinden bzw. der Kanton im Beschwerdeverfahren betr. Besetzung ihrer Behörden beschwerdeberechtigt sein sollten.
Zu Artikel 13 Strafbestimmung
Wir erachten die obere Grenze der Busse als zu hoch und regen an, den Höchstbetrag auf maximal CHF 2‘000.00 anzusetzen.
Artikel 14 Aufhebung bisherigen Rechts
Wir empfehlen das bisherige Gesetz über den Amtszwang aufzuheben und den vorliegenden Gesetzesvorschlag abzulehnen.
Für die Möglichkeit zur Stellungnahme danken wir Ihnen und bitten um deren Kenntnisnahme.
Freundliche Grüsse
Für die Geschäftsleitung der SP Uri
Lea Berdnik